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Diesel sparen beim Häckseln

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Artikel eingestellt am:
02.4.2012, 18:27

Quelle:
Roland Hörner, Johannes Speer/DLG e.V.
www.dlg.org

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Wer schon einmal einen Feldhäcksler oder einen Mähdrescher gefahren ist, weiß, dass es bei diesen Maschinen üblicherweise nur zwei bis drei „Gasstellungen“ gibt: Stand-, Halb- und Vollgas. Dieses rührt aus der Tatsache, dass die Baugruppen dieser Selbstfahrer zum Teil mit einer möglichst konstanten Motordrehzahl angetrieben werden müssen. Beim selbstfahrenden Feldhäcksler sind dies im Normalfall die Baugruppen Einzug, Häckseltrommel, Corn Cracker und Nachbeschleuniger. Um möglichst effizient zu arbeiten, bringt ein geübter Fahrer zum Häckseln zunächst den Motor auf Arbeitsdrehzahl. Dann fährt er in den Bestand bzw. in den Schwad ein und erhöht die Arbeitsgeschwindigkeit kontinuierlich. Erst wenn dem Motor so viel Leistung bzw. Drehmoment abverlangt wird, dass er in seiner Drehzahl bis auf ein gewünschtes Maß (optimaler Arbeitsbereich: hoher Durchsatz, niedriger Kraftstoffverbrauch) „gedrückt“ wird, fährt der Häcksler mit weitgehend konstanter Geschwindigkeit weiter. Wie die Abbildung eines sogenannten Muscheldiagramms von Motoren in der Bildergalerie zu diesem Artikel zeigt, wird der Motor damit auf der sogenannten Volllastkurve gefahren. Beim Abfall der Drehzahl steigt das Drehmoment stark an. Damit besteht auch bei dieser Lastsituation nicht die Gefahr, dass der Motor plötzlich „abwürgt“. Auch in puncto Kraftstoffeffizienz ist dies eine richtige Vorgehensweise, denn mit dem Absinken der Drehzahl sinkt auch der spezifische Verbrauch. Ist ein Motor für seine Aufgabe passend ausgelegt, wird sich dieser beschriebene Betriebspunkt unweit vom Minimum des spezifischen Verbrauchs, dem „Bestpunkt“, befinden.

Während noch vor einigen Jahren im Mais vier- und sechsreihige Häcksler mit Motorleistungen von 180 bis 260 kW den Markt beherrschten, ist – nicht zuletzt getrieben durch den Biogasboom – die installierte Leistung auf inzwischen bis über 700 kW angestiegen. Im Graseinsatz dagegen wird die installierte Leistung beim Häckseln längst nicht immer benötigt. Schließlich hat auch das schnellere Fahren, um einen günstigen Betriebspunkt zu erreichen, seine Grenzen. Hat der Motor „etwas mehr Dampf“ als tatsächlich gebraucht wird, wirkt sich das jedoch auf den Kraftstoffverbrauch entsprechend aus. Dazu muss wiederum das „Muscheldiagramm“ bemüht werden. Solange der Motor bei konstanter Drehzahl in seiner Leistungsfähigkeit nur leicht unterfordert wird, werden beispielsweise statt 235 g/kWh nur „ein paar Gramm Diesel“ je Kilowattstunde mehr verbraucht. Bei stärkerer Unterforderung (z.B. auf 40 % der Leistung) werden dann aber im Beispieldiagramm rund 70 % mehr Diesel je kWh verbraucht. Für die gleiche Arbeit, die auch ein passend motorisierter schwächerer Häcksler erledigen hätte können – im Gegensatz zu seinem „großen Bruder“ aber deutlich sparsamer.

Neben der Unterlastung des Motors beim Häckseln sind auch Wendemanöver und Straßenfahrten mit unverminderter Motordrehzahl Spritfresser. Beim Wendemanöver eines leistungsstarken Selbstfahrers werden maximal 15 % der vorhandenen Motorleistung benötigt. In diesem Fall steigt beim Ausfahren aus dem Bestand zunächst die Motordrehzahl um die vorherige Drückung an. Damit dreht der Motor z.B. statt 1.800 U/min nun mit 2.100 U/min. Dabei können spezifische Verbräuche von 400 g/kWh und mehr auftreten – also 70 % und mehr „Luxusverbrauch“. In ungünstig strukturierten Regionen schlägt dies wegen mehr Vorgewendefahrten stärker zu Buche.

Um dem Naturgesetz des „Muscheldiagramms“ zu entrinnen, sind die Entwicklungsabteilungen der Hersteller aktiv geworden. So reduzieren heute die Feldhäcksler ihre Motordrehzahl bei Straßen- und Vorgewendefahrten oder beim Graseinsatz mit einem speziellen Motor- oder Getriebemanagement. Wer mit seinem Häcksler ausschließlich Mais häckselt und seine Maschine stets in der Motordrückung fahren kann, für den sind diese Innovationen besonders interessant und sollten auch weitgehend unnötigen Luxuskonsum vermindern. Schließlich kann man durch schlichtes Gaswegnehmen, z.B. auf 40 % oder 50 % der Nenndrehzahl, auch bei vergleichsweiser geringer Motorauslastung noch relativ sparsam unterwegs sein. Etwas komplizierter wird es, wenn neben Mais auch Grasschwade, womöglich auch noch unterschiedlich breite, ins Silo müssen. Hier kann der Motor von Häckslern der oberen Leistungsklasse nur ungenügend ausgelastet werden. Auch in diesem Fall kann effektiv gespart werden, wenn die Motordrehzahl abgesenkt wird. Dies geht aber nur, solange die Funktion der Baugruppen sicher gewährleistet ist.

Eine weitere Möglichkeit liegt auf der Elektronikseite in der sogenannten Motorkennliniensteuerung, wie sie nun erstmals Claas mit dem Dynamic-Power-System im Feldhäcksler Jaguar anbietet. Das DLG-Testzentrum hat sich im Rahmen eines Fokus-Tests „Kraftstoffverbrauch und Durchsatz in Gras“ mit dieser Technik intensiv auseinandergesetzt. Das Dynamic-Power-System gewährt eine am aktuellen Leistungsbedarf ausgerichtete, gestufte Leistungsbereitstellung. Kann der Feldhäcksler z.B. im Graseinsatz nicht im Verbrauchs- und leistungsoptimierten Bestpunkt gefahren werden, erkennt dies die Maschine. Der Feldhäcksler reduziert daraufhin seine Leistung automatisch. Als Reaktion auf die geringere Leistungsbereitstellung des Motors sinkt die Drehzahl und verschiebt sich in das Verbrauchs- und leistungsoptimierte Drehzahlband zwischen 1.800 und 1.900 U/min. Je nach Erntebedingungen und Lastsituationen wird Motorleistung zu- oder weggeschaltet. Ein Eingreifen des Fahrers oder eine Vorauswahl sind nicht erforderlich. Das Dynamic-Power-System kann im CEBIS-Terminal nach Bedarf aktiviert oder deaktiviert werden.

Das dynamische Verhalten der zehn Stufen von Dynamic Power bewirkt, dass sich der Fahrer zwar auf die automatische Anpassung der Motordrehzahl je nach Erntebedingungen einstellen muss, dadurch aber immer im optimalen Betriebspunkt des Feldhäckslers fahren kann. Diese Motorkennliniensteuerung erreicht laut den Messungen des DLG-Testzentrums aus dem Jahr 2011 eine Kraftstoffeinsparung in l/t Frischmasse von 10,6 % bei reduzierter Motordrehzahl (1.818 U/min) im Vergleich zum konventionellen System (2.051 U/min).

Der DLG-FokusTest wurde auf einem Milchviehbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern im dritten Schnitt in Gras durchgeführt. Ziel des Versuchs war es, das Einsparpotenzial des Kraftstoffverbrauchs von Dynamic Power im Vergleich zum konventionellen System zu ermitteln und gleichzeitig den Erntemengendurchsatz zu quantifizieren. Über den gesamten Versuchszeitraum wurde mit konstanten Einstellungen am Feldhäcksler und Vorsatz gefahren. Zu Beginn der eigentlichen Messreihen wurden zwei Versuchsvarianten ohne Dynamic Power mit maximaler Geschwindigkeit gefahren, um zusätzlich einen möglichen maximalen Durchsatz und Kraftstoffverbrauch ohne Dynamic Power mit Fahrgeschwindigkeiten bis maximal 15 km/h zu erreichen. Insgesamt wurden 457 t Frischmasse Gras mit einer durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit von 11 km/h geerntet und als aussagekräftige Referenz für die Auswertung der Messergebnisse genutzt. Durch die neue Abgasnorm Tier 4i wird Claas in die Feldhäcksler Jaguar 930 bis 960 einen zusätzlichen AdBlue-Tank installieren. Der AdBlue-Verbrauch beträgt hier circa 5 % vom Dieselverbrauch.

Interessenten finden ausführliche Informationen zum DLG-FokusTest „Kraftstoffverbrauch und Durchsatz in Gras“ unter http://www.dlg-test.de/pbdocs/6027F.pdf.

Fazit: Bei der Entwicklung immer leistungsfähigerer Maschinen schien bisher das Patentrezept „größer, breiter und schneller“ immer wieder vergleichsweise einfach aufzugehen. Heute stehen in der Landwirtschaft inzwischen Motoren mit so enormer Leistung zur Verfügung, dass deren effektive Nutzung, will man sie wirklich auslasten, vor allem beim Feldhäcksler die Praxis vor neue Herausforderungen stellt – auch mit Blick auf die Logistikkette. Auch die Entwickler sind hier gefordert. Das Dynamic-Power-System ist sicher ein Schritt in die richtige, weil intelligente Richtung. Kritisch bleibt anzumerken, dass auch hier, wie bei allen anderen Entwicklungsvarianten, selbst die intelligenteste Motorsteuerung und auch das beste Logistiksystem den Praktiker nicht von der Notwendigkeit entbinden, sich für die jeweilige Konstellation die möglichst „passende“ Maschinenausstattung auszuwählen.

Weitere Informationen sind erhältlich beim DLG-Testzentrum Technik & Betriebsmittel. Ansprechpartner sind die beiden Autoren dieses Beitrages Roland Hörner, Telefon 069/24788-337, eMail r.hoerner[at]dlg[punkt]org und Johannes Speer, Telefon 069/24788-624, eMail j.speer[at]dlg[punkt]org.

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