Messebesucher konnten die Datenwelt des Virtuellen Waldes über eine begehbare 3D-Projektion intuitiv erleben. Während der Vorführungen zeigte die Projektion einen Wald, der direkt nebenan als (Messebau-)Original stand. Jeder einzelne Baum hat im Virtuellen Wald seine digitale Visitenkarte aus der Waldinventur. Per Mausklick können die digitalen Visitenkarten, die jeder einzelne Baum im Virtuellen Wald erhält, eingesehen und Fällaufträge für ausgewählte Bäume erteilt werden. Diese wurden gleich nebenan im realen „Messewald“ sofort erledigt: dazu wurde ein Harvester, den RIF mittlerweile bis auf wenige Zentimeter genau via GPS lokalisieren kann, unterstützt durch ein Einzelbaumnavigationssystem vor den im Virtuellen Wald ausgewählten Baum gefahren und der Baum „gefällt“. Hierbei teilt das System „baumscharf“ und mit allen wesentlichen Details wie Baumsorte und Erntevolumen mit, welchem Eigentümer die Entnahme gutgeschrieben werden kann.
„Durch diesen Messeaufbau können wir die Rationalisierungseffekte des Virtuellen Waldes eindrucksvoll wie noch nie darstellen, das Publikumsinteresse ist entsprechend riesig“, freute sich Dipl.-Informatiker Arno Bücken, der den Messestand vor Ort betreute.
Nicht nur die Ernte selbst, sondern auch alle Arbeiten vor und nach der Ernte werden mit dem Konzept des Virtuellen Waldes vereinfacht. So soll das neue „Großwaldrauminformationssystem“ soweit entwickelt werden, dass die Forstwirte gezielt zu den Baumbeständen geleitet werden können, bei denen das System Unregelmäßigkeiten oder Unklarheiten festgestellt hat. Ursachen wie Schädlingsbefall- oder Krankheiten, können dann beispielsweise direkt vor Ort in den „digitalen Visitenkarten“ der einzelnen Bäume aktualisiert werden. „Je vollständiger und aktueller die Datenbasis ist, desto einfacher und kostengünstiger können die folgenden komplexen Entscheidungssituationen und Produktionsprozesse in der Forstwirtschaft gestaltet werden. Unter anderem werden wir die Daten auch in bestehende Systeme zum Holzverkauf und zur Holzvermarktung integrieren“, sagt Prof. Roßmann.
In Nordrhein-Westfalen, einem Bundesland, in dem die Zersplitterung der Waldbestände in Kleinstprivatwälder besonders ausgeprägt ist, hat das Projekt „Virtueller Wald“ bereits seit Jahren einen hohen Stellenwert. Neben der Unterstützung der klassischen Forst- und Holzwirtschaft, die ein wichtiger Wirtschaftszweig für dieses Bundesland ist, erwartet NRW aus diesem Projekt wichtige Impulse für die verträgliche energetische Nutzung von Biomassepotenzialen und sieht viel versprechende Ansätze auch für den Naturschutz und die Abschätzung und Abmilderung des Klimawandels. Das neue Forschungsprojekt trägt den Titel „Entwicklung moderner Verfahren für ein integriertes Großraumwaldinformationssystem und die effiziente technische Produktion in der Waldwirtschaft zur zielgerichteten Rohstoff-Mobilisierung und -Bereitstellung für die Holzwirtschaft“. Das Land NRW und die Europäische Union stellen für diese dritte Projektphase des Virtuellen Waldes von 2010 bis 2013 die Mittel bereit. Die Entwicklungsaufgaben werden von RIF und MMI in enger Kooperation bearbeitet. Zudem werden, wie bei den Vorläuferprojekten, fachspezifische Fragestellungen in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Forstliche Arbeitswissenschaften und Angewandte Informatik und dem Lehrstuhl für Waldwachstumskunde, beide TU München, dem Institut für Roboterforschung der TU Dortmund, der Firma CPA-Systems GmbH und der Pöyry Forest Industry Consulting GmbH durchgeführt.
Veröffentlicht von: Magdalena Esterer, Klaus Esterer