Ein geplantes Regierungsdekret, das eine deutliche Verschärfung der Lokalisierungsregeln für ausländische Traktorenhersteller vorsieht, treibt die Branche derzeit um. Der aktuell diskutierte Verordnungsentwurf würde eine lokale Produktion vor Ort unwirtschaftlich machen. „Wir brauchen faire und transparente Marktzutrittsbedingungen, um den russischen Markt so bedienen zu können, wie es unsere Kunden von uns erwarten. Dazu gehören in erster Linie Rechtssicherheit und Diskriminierungsfreiheit. So kann es nicht sein, dass Maschinentypen, die in Russland ausschließlich als Importprodukte verfügbar sind, grundsätzlich keinen Zugang zu Förderprogrammen erhalten. Industriepolitisch sinnvoll wäre es, Anreize zu schaffen, um den Aufbau einer modernen Zulieferindustrie zu fördern“, erklärt Dreyer.
Die russische Regierung zeigt bislang nur wenig Verhandlungsbereitschaft. „Auf lange Sicht wird Moskau jedoch nicht umhinkommen, erfüllbare Kriterien für die lokale Produktion internationaler Unternehmen zu definieren. Denn laufend verschärfte Investitionsauflagen schmälern nicht nur den Aktionsradius der Industrie. Die wirklich Leidtragenden sind die Landwirte“, bekräftigt der VDMA-Vorsitzende. Schließlich werde der unternehmerische Spielraum der Agrarbetriebe deutlich eingeschränkt, wenn Investitionen nicht mehr unter marktwirtschaftlichen Bedingungen möglich sind.
Der Bedarf an Traktoren der mittleren und oberen Leistungsklassen ist in Russland nach wie vor sehr hoch. Nach Schätzungen des russischen Landwirtschaftsministeriums werden jährlich 56.000 neue Schlepper benötigt. Der tatsächliche Markt ist von diesen Zahlen jedoch weit entfernt. „Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, wie es uns gelingen kann, diese Nachfrage zu bedienen. Wenn der aktuelle Verordnungsentwurf angenommen würde, wäre dies ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung. Der Markt würde damit zugunsten einiger weniger Unternehmen, aber zulasten der großen Mehrheit der Landwirte verzerrt“, stellt Dreyer klar.
Ein weiteres Dauerthema für die in Russland produzierenden Landtechnikhersteller sei die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Komponenten und Baugruppen. „Westliche Marken haben hohe Qualitätsstandards und achten sehr darauf, dass diese auch eingehalten werden. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass nur 4 % der potentiellen Lieferanten in Russland ihre Prozesse entsprechend anpassen“, erläutert Dreyer. Der Verbandsvorsitzende ist sich dennoch sicher, dass es sich lohnt, am Ball zu bleiben: „Russland ist für unsere Branche ein Schlüsselmarkt, für den wir unbedingt eine lokale Lieferantenbasis entwickeln möchten, vorausgesetzt, es gibt bald praktikable Lokalisierungskriterien und verlässliche Spielregeln.“
Veröffentlicht von: Magdalena Esterer, Klaus Esterer