Bei der Entwicklung der neuen Traktoren-Baureihe hat sich der Tiroler Traktorenhersteller nicht etwa darauf beschränkt, die bisherige Geotrac 3er-Serie mit leistungsstärkeren Motoren zu bestücken, sondern ein völlig neues Fahrzeug konzipiert, das sich nicht nur durch die höhere Leistung und das neue Design, sondern auch technologisch deutlich von den Geotrac-Schleppern der Serie 3 abhebt.
Lindner setzt im Geotrac 124 einen Perkins-4-Zylinder-Motor mit Common-Rail-Einspritzung, Turbolader und Ladeluftkühlung ein. Die Nennleistung gibt Lindner, wie oben erwähnt, mit 92,8/126 kW/PS, die Maximalleistung mit 98,4/134 kW/PS (Leistungsangaben nach ISO 14396) und das maximale Drehmoment mit 550 Nm an. Als Besonderheit bietet der Motor eine zweite Leistungskurve an, bei der nicht, wie sonst üblich, mehr, sondern weniger Leistung zur Verfügung steht: Bei Transportarbeiten oder Einsätzen, die nur wenig Kraft in Anspruch nehmen, schaltet die intelligente Motorsteuerung auf diesen ECO-Modus um. Der Motor leistet dann 85,7/116 kW/PS und verfügt über ein maximales Drehmoment von 530 Nm. Bei Bedarf steht innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder die volle Normalleistung zur Verfügung. Dadurch soll der Geotrac 124 in jedem Leistungsbereich verbrauchsoptimiert fahren und der Kraftstoffverbrauch trotz Mehrleistung insgesamt in etwa auf dem Niveau des Geotrac 103 bleiben. Der ECO-Modus bleibt übrigens dem 124er vorbehalten und kommt im 114er und 104er nicht zum Einsatz.
Als Getriebe verwendet Lindner den T 7100 Triebsatz von ZF Steyr mit lastschaltbarer Wendeschaltung, Dreifach-Lastschaltung und insgesamt 24 Vorwärts- und 8 Rückwärtsgängen (auf Wunsch ist eine 36/12-Gang-Ausführung mit Kriechgang möglich). Für den Einsatz in den neuen Geotrac-Modellen wurde das Getriebe jedoch in einigen Punkten angepasst und weiterentwickelt: Neben der manuellen Betätigung der Lastschaltstufen steht serienmäßig die Automatisierungsfunktion APS zur Verfügung, bei der von der Fahrzeugelektronik selsttätig der optimale Gang gesucht wird. Durch die automatische Gruppenschaltung FRRS zwischen Straßen- und Geländegruppe und die serienmäßige Komfortkupplung am Gangschalthebel können acht Gänge durchgeschaltet werden, ohne das Kupplungspedal betätigen zu müssen; die Umschaltung von Acker- und Straßengruppe ist auch während der Fahrt möglich. Die lastschaltbare Wendeschaltung wird entweder über den Fahrtrichtungshebel am Lenkrad oder über die optionale Joystick Armlehne bedient. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt serienmäßig 40 km/h, wahlweise ist eine 50 km/h-Ausführung mit gefederter Vorderachse von Carraro erhältlich. Sowohl die Standard- als auch die gefederte Vorderachse ist mit schwenkbaren Kotflügeln ausgestattet und verfügt über einen Lenkeinschlag von 50°. Im Heck bietet die Geotrac 4er-Serie die Zapfwellendrehzahlen 540, 750, 1.000 und 1.400 U/min, die Zapfwellenbetätigung erfolgt per Knopfdruck in der Kabine oder an den Heckkotflügeln. Eine Frontzapfwelle mit 1.000 U/min ist optional erhältlich.
Die Hydraulik der neuen Geotrac-Modelle besitzt einen eigenen Ölhaushalt. Serienmäßig kommt für die Arbeitshydraulik eine Konstant-Pumpe mit einer Leistung von 77 l/min zum Einsatz, optional ist eine Axialkolben-Verstellpumpe lieferbar. Der neue Geotrac verfügt serienmäßig über zwei doppeltwirkende Steuergeräte mit Schwimmstellung. Diese mengeneinstellbaren Load-Sensing-Steuergeräte können um bis zu drei Steuergeräte erweitert werden, alternativ sind bis zu vier elektronische Proportional-Steuergeräte erhältlich. Die Hubkraft des Heckkrafthebers (mit EHR) gibt Lindner mit 6.000 kp an, die des optionalen Frontkrafthebers (wahlweise mit EFH) mit 3.500 kp.
Völlig neu konstruiert hat Lindner die Panorama-Komfortkabine der neuen Geotrac-Serie. Die beiden breiten Sicherheitsglastüren sollen einen großzügigen und komfortablen Einstieg ermöglichen, durch die weit nach hinten verschobenen B-Säulen der Kabine soll eine maximale Rundumsicht erreicht werden. Für Frontladereinsätze verfügt die Kabine über ein Dachfenster mit nahezu nahtlosem Übergang zur Frontscheibe. Auch an erhöhte Sicherheit wurde bei der Konstruktion der Kabine gedacht; die Fahrgastzelle ist als ROPS (Roll-Over-Protective-Structure) und FOPS (Falling-Object-Protective-Structure) konzipiert. Lindner weist darauf hin, daß dieser hohe Sicherheitsstandard normalerweise nur bei schweren Baumaschinen zum Einsatz kommt und im Geotrac 124 erstmals bei einem Traktor realisiert wurde. Damit sollen Fahrer*Innen vor Überschlägen am Hang und vor herabfallenden Objekten, beispielsweise im Forsteinsatz, geschützt sein. Für Fahrkomfort sollen neben dem serienmäßigen ProKomfortsitz von Grammer mit Niederfrequenz-Luftfederung, die weitöffnende Heckscheibe, ausstellbare Seitenfenster und das dreistufige Frischluftgebäse sorgen. Optional ist eine Klimaanlage mit Klimaautomatik erhältlich. Ebenfalls wahlweise bietet Lindner den neuen Geotrac mit pneumatischer Kabinenfederung an, bei der die Federungszylinder für mehr Stabilität am Hang sperrbar sind. Neue Wege bei Fahrzeugbedienung und -kontrolle geht Lindner mit dem I.B.C.-Monitor (I.B.C = Intelligenter-Bord-Computer), der gemeinsam mit Bosch entwickelt wurde und beim Geotrac 124 sowie beim Geotrac 114 zur Serienausstattung gehört und für den Geotrac 104 wahlweise angeboten wird. Mit dem I.B.C.-Monitor, der an die Stelle der gewöhnlichen Instrumentierung im Armaturenbrett tritt, kann eine Vielzahl von Funktionen angezeigt und bedient werden: Neben den Hauptinformationen, wie Drehzahlen, Geschwindigkeit, Kontrollanzeigen und Uhrzeit, sind dies die Verbrauchsanzeige oder Anzeigen zur Hydraulikeinstellung. Darüber hinaus kann die Fahrzeugelektronik über den Monitor kontrolliert und die wichtigsten Info-Meldungen jederzeit abgefragt werden. Der neue Geotrac ist damit laut Lindner das erste Fahrzeug, bei dem auch ohne Service-Laptop die Elektronik überwacht und gegebenenfalls kalibriert werden kann. Angezeigt werden auf dem I.B.C.-Monitor auch die Bilder der optional erhältlichen Rückfahr- oder Seitenkamera; letztere wird am Rückspiegelhalter oder am B-Holm der Kabine montiert und ist in erster Linie für den Komunaleinsatz mit Seitenmulcher oder Auslegermäher gedacht.
Fazit: Mit der völlig neuen Geotrac-Serie, in deren Entwicklung Lindner rund drei Millionen Euro investiert hat, will der österreichische Traktorenhersteller in den derzeit stark nachgefragten Leistungsbereich von 101 bis 125 PS einsteigen und seine bekannte Geotrac Serie 3 nach oben ergänzen. Lindner hat den neuen Geotrac nicht nur für mittlere bis große Landwirtschaftsbetriebe im Heimatmarkt Österreich sowie den Komunal- und Forstbereich entwickelt, sondern hat mit den neuen Modellen durchaus auch den deutschen Schleppermarkt im Visier, wo sich das Fehlen von Schleppern im Leistungsbereich über 100 PS im Lindner-Sortiment in der Vergangenheit besonders negativ bemerkbar gemacht hat. Seine neue 4er-Serie schickt der Tiroler Familienbetrieb mit einer umfangreichen Serienausstattung und zahlreichen Zusatzoptionen ins Rennen um die Gunst der Käufer*Innen. Lindner hat die Geotrac der Serie 4 eindeutig auf Kund*Innen mit gehobenen Ansprüchen ausgelegt, das macht sich natürlich auch bei den Preisen bemerkbar, die im Mittelfeld angesiedelt sind: In Grundausstattung steht der Geotrac 104 mit netto 55.200,--, der Geotrac 114 mit netto 57.400,-- und der Geotrac 124 mit netto 60.200,-- Euro in der vorläufigen Preisliste. Als Serienstart für die neue Baureihe hat Lindner Mai 2008 geplant. Übrigens: Trotz des Vorstoßes in eine höhere Leistungsklasse versteht sich Lindner nach wie vor als Nischenanieter für die Land- und Komunalwirtschaft im alpinen Raum. Die Frage, ob zukünftig Traktoren mit noch höheren Leistungen geplant sind, wurde gegenüber landtechnikmagazin.de seitens Lindner entschieden verneint.
Lindner zeigt den neuen Geotrac 124 noch bis einschließlich morgen, 29. Oktober, auf der Werksausstellung in Kundl, auf der Agritechnica 2007 in Halle 7, Stand A04 sowie vom 5. bis 9. Dezember 2007 auf der Austro Agrar in Tulln.
Autor: Klaus Esterer
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